Obwohl die Honigbienen auch mit kühlen Körpertemperaturen lange überleben können, halten sie das Zentrum des Stockes und ihr Brutnest auf Temperaturen über 30°C. Die Temperatur spielt eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der Brut und in der Arbeitsteilung des Bienenvolkes. Deshalb verwendet ein Bienenvolk 40% seiner Energiereserven für die Thermoregulation.
Ventilatoren und Heizöfen
Die Arbeiterinnen kontrollieren durch ihr Verhalten die Bruttemperatur, wobei insbesondere die verdeckelte Brut in einem Bereich zwischen 32 und 36°C gehalten wird. Wird dieser Temperaturbereich überstiegen, so beginnen die Bienen den Stock und die Brut zu kühlen. Die Bienen sind richtige kleine Klimaanlagen: Es konnte ein Bienenvolk dokumentiert werden, welches auf einem Lavafeld bei Temperaturen über 70°C überlebt hat. Zur Kühlung tragen die Bienen Wasser in den Stock, welches in Form von kleinen Tröpfchen im Stock verteilt und auf den Zellwänden von Brutzellen platziert wird. Durch das Verdunsten des Wassers entsteht Kühlung, zudem werden die Larven durch die Feuchtigkeit vom Austrocknen bewahrt. Weitere Kühlung verschaffen sich die Bienen durch gut organisiertes Fächern der Flügel; einige Bienen platzieren sich am Stockeingang und erhöhen durch Fächern die Luftzirkulation im Stock mit Luftströmungen von bis zu 60 L/min. Können diese Verhaltensweisen die Temperatur nicht ausreichend absenken, bilden die Bienen ausserhalb des Nests eine Traube und es verbleiben nur gerade so viel Bienen im Nest wie es benötigt um den Wassereintrag und das Fächern zu bewerkstelligen1.
Bei zu kühlen Bruttemperaturen erzeugen die Arbeiterinnen mit ihrer Flugmuskulatur Wärme. Dabei drücken sie ihren Thorax direkt auf die verdeckelten Brutzellen oder verwenden leere Zellen im Brutnest, um die umliegenden Larven zu wärmen. Der Flugmuskel der Honigbienen beträgt 20% ihres Körpergewichts, sie können durch Muskelzittern ihre metabolische Rate um das 25-fache der Ruherate erhöhen. Im Vergleich dazu erzeugt Muskelzittern bei Säugetieren gerade mal eine 2- bis 5-fache Erhöhung der Ruherate. Die Honigbienen sind also richtige kleine Heizöfen, zudem können sie durch das Bilden einer Traube den Wärmeverlust des Brutnestes zusätzlich verringern1.
Warm macht schlau
Mehrere wissenschaftliche Studien haben untersucht, wie sich die Entwicklungstemperatur der Larven auf das Verhalten der adulten Bienen auswirkt. Dabei wurde die Brut in Brutschränken mit konstanten Temperaturen zwischen 32 und 35°C gehalten. Diese Versuche konnten aufzeigen, dass sich warme Temperaturen positiv auf die Entwicklung des Nervensystems auswirken2. Larven, welche während ihrer Entwicklung warmen Temperaturen ausgesetzt waren, zeigten ein besseres Lernverhalten als Larven mit kühlen Entwicklungstemperaturen. Das Lernvermögen von Honigbienen kann mit dem sogenannten Proboscis Extension Reflex (PER) gemessen werden. Dabei wird den Bienen Zuckerwasser in Kombination mit einem Duftstoff präsentiert.
lernen die Bienen den Duftstoff mit der Belohnung zu assozieren, so strecken sie anschliessend die Proboscis (die Zunge der Bienen) heraus, sobald sie den Duftstoff riechen. Bienen mit schwachem Lernvermögen reagieren hingegen nicht auf den Duft. Während etwa 70% der Bienen, welche sich bei 35°C entwickelt hatten auf den Duftstoff reagierten, waren es bei den Bienen mit einer Entwicklungstemperatur von 32°C weniger als 40% (Abbildung 1)3.
Neben dem Lernvermögen, beeinflusst die Entwicklungstemperatur auch das Reinigungs-, Sammel- und Tanzverhalten der Bienen. So zeigen Bienen, die sich bei warmen Temperaturen entwickelt haben, eher Reinigungsverhalten im Stock und verlassen diesen früher um Pollen und Nektar zu sammeln. Zudem haben sie eine erhöhte Wahrscheinlichkeit den Schwänzeltanz aufzuführen und sind auch die ausdauernderen Tänzer (Abbildung 2). Aufgrund dieser Ergebnisse wird vermutet, dass die Bruttemperatur eine wichtige Rolle spielt bei der Regulation der Arbeitsteilung im Bienenvolk4,5.
Kuscheln gegen die Kälte
Bei Körpertemperaturen von um die 10°C fallen die Bienen in ein Kältekoma und sterben nach einigen Stunden, wenn sie sich nicht wieder aufwärmen können. Deshalb bildet das Bienenvolk im Winter die sogenannte Wintertraube, in deren Zentrum hohe Temperaturen aufrechterhalten werden. Selbst bei einer Aussentemperatur von -20°C wurden im Zentrum der Wintertraube Temperaturen von 25-35°C gemessen6. Dadurch können Bienen lange Perioden von Minusgraden überstehen. Um diese Temperaturen aufrechterhalten zu können muss das Volk allerdings eine gewisse Grösse aufweisen (Tabelle 1). Die Bienen ordnen sich in der Wintertraube in Lagen an, um die Isolation zu erhöhen. Dabei werden die Bienen in den äusseren Lagen immer wieder von Bienen aus dem Innern abgelöst. Im Zentrum der Traube befindet sich die Königin, die so optimal geschützt ist. Fällt die Temperatur im Bienenstock unter 10°C, beginnen die Bienen mit Muskelzittern und wärmen die Wintertraube so wieder auf. Dadurch kann der Stock wieder auf über 30°C aufgewärmt werden, wodurch der Honig flüssig wird und gut aufgenommen werden kann. Dieser „Heizpeak“ wurde 2012 erstmals von HOBOS auf Grundlage von Temperaturmessungen am Würzburger Bienen-Forschungsstock dokumentiert7. Passagen in der Traube ermöglichen eine Luftzirkulation und können zur Temperaturregulation verengt und erweitert werden1.
Überall optimal angepasst
Die unterschiedlichen Rassen der Europäischen Honigbiene zeigen Anpassungen an das lokale Klima. So ist die dunkle Europäische Honigbiene (Apis mellifera mellifera) resistenter gegenüber Kälte als andere Unterarten, die in wärmeren Regionen leben (A. m. intermissa, A. m. scutellata, A. m. lamarckii, A. m. capensis)1. Zudem konnte gezeigt werden, dass es auch Anpassungen an warmes Klima gibt. Die Unterart des Yemen (A. m. yemeni) weist eine bessere Hitzetoleranz auf als die Kärntner Biene (A. m. carnica)9.
Literatur
1 Southwick, E. E. & Heldmaier, G. Temperature control in honey bee colonies Bioscience 37, 395-399, doi:10.2307/1310562 (1987).
2 Groh, C., Tautz, J. & Rossler, W. Synaptic organization in the adult honey bee brain is influenced by brood-temperature control during pupal development. Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America 101, 4268-4273, doi:10.1073/pnas.0400773101 (2004).
3 Jones, J. C., Helliwell, P., Beekman, M., Maleszka, R. & Oldroyd, B. P. The effects of rearing temperature on developmental stability and learning and memory in the honey bee, Apis mellifera. Journal of Comparative Physiology a-Neuroethology Sensory Neural and Behavioral Physiology 191, 1121-1129, doi:10.1007/s00359-005-0035-z (2005).
4 Tautz, J., Maier, S., Groh, C., Rossler, W. & Brockmann, A. Behavioral performance in adult honey bees is influenced by the temperature experienced during their pupal development. Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America 100, 7343-7347, doi:10.1073/pnas.1232346100 (2003).
5 Becher, M. A., Scharpenberg, H. & Moritz, R. F. A. Pupal developmental temperature and behavioral specialization of honeybee workers (Apis mellifera L.). Journal of Comparative Physiology a-Neuroethology Sensory Neural and Behavioral Physiology 195, 673-679, doi:10.1007/s00359-009-0442-7 (2009).
6 Owens, C. D. The thermology of wintering honey bees. Technical Bulltin of the U. S. Department of Agriculture 1429, 1-32.
7 Bee Careful: Bienenvolk im Winter
8 Genersch, E. et al. The German bee monitoring project: a long term study to understand periodically high winter losses of honey bee colonies. Apidologie 41, 332-352, doi:10.1051/apido/2010014 (2010).
9 Abou-Shaara, H. F., Al-Ghamdi, A. A. & Mohamed, A. A. Tolerance of two honey bee races to various temperature and relative humidity gradients. Environmental and Experimental Biology 10, 133-138 (2012).