Honig ist ein grosses Geschäft, und überall wo es um hohe Geldsummen geht, versuchen Betrüger ein Stück vom Kuchen abzubekommen. Honig gilt als das dritthäufigste gefälschte Produkt, und kürzlich forderten die europäischen Honigproduzenten die Europäische Union zum Handeln auf. Obwohl die Honigverfälschung kein neues Phänomen ist, warnt der Internationale Verband der Imkerverbände «Apimondia», dass die Bedingungen für den Honigbetrug noch nie so förderlich waren. Welche Auswirkungen hat der Honigschummel und wie kann man degegen vorgehen?
Honigschwindel gibt es schon seit einiger Zeit, und das Thema hat in den Medien viel Aufmerksamkeit erhalten. Deshalb ist es kein Zufall, dass «Rotten», eine Netflix-Serie über Lebensmittelbetrug, in ihrer ersten Folge im Jahr 2018 das Thema Honigverfälschung aufgriff. Leider scheint sich die Situation seither weiter verschlechtert zu haben, und kürzlich erklärte Apimondia, dass
«Die Bedingungen für Honigbetrug waren noch nie so förderlich und wie heute.» [Apimondia-Erklärung zum Honigbetrug – übersetzt aus Version 2, Seite 2].
Honig ist das dritthäufigste gefälschte Lebensmittel und wurde in der ersten Folge der Netflix-Serie über Lebensmittelbetrug «Rotten» thematisiert.
Die weltweite Honigproduktion kann mit der Nachfrage nicht Schritt halten, und da Honig ein schwierig zu prüfendes Produkt ist, haben sich Betrüger auf diese Gelegenheit gestürzt. Vor allem aus asiatischen Ländern werden Tonnen von gefälschtem Honig in die ganze Welt exportiert. Die EU importiert 40% ihres Honigs [2], andere europäische Länder wie die Schweiz importieren sogar bis zu 75% [3].
Wie funktioniert die Honigpanscherei?
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Honig zu verfälschen. Die gängigsten Methoden sind (gemäss unserem Wissensstand) das Einmischen von Sirup zur Volumenvergrösserung oder die Ernte des Honigs, bevor er fertig ist, mit einem zu hohen Wassergehalt.
Sirup hinzufügen
Echter Honig enthält Pollen, der von den Blüten stammt, die die Bienen besucht haben. Der Pollen gibt daher einen Hinweis darauf, aus welcher Region der Honig stammt. Beim Lebensmittelbetrug wird der Pollen durch einen Prozess entfernt, der Ultrafiltration genannt wird.
Während das Filtern des Honigs normal ist, um grosse Wachspartikel oder andere Ablagerungen zu entfernen, handelt es sich bei der Ultrafiltration um einen strengeren Prozess des Filterns und Erhitzens, der den Honig in einen farblosen Sirup umwandelt. Neben Pollen gehen bei diesem Prozess auch wertvolle Proteine und Enzyme verloren. Anschliessend können dem ultrafiltrierten Honig (der eigentlich nicht mehr als Honig bezeichnet werden kann) weitere billige Sirupe zugesetzt werden, z.B. Reis-, Mais- oder Rübenzuckersirup. Diese Mischung wird dann wieder mit echtem Honig gemischt, um das Gesamtvolumen zu vergrössern
Ernte von unreifem Honig
Eine weitere Methode des Honigbetrugs ist die Ernte des Honigs, bevor er richtig getrocknet wird. Nachdem die Honigbienen den Nektar gesammelt und in der Wabe gelagert haben, müssen sie ihn durch Auffächern ihrer Flügel trocknen. Dies ist wichtig, da ein zu hoher Wassergehalt (>18%) den Honig gären und verderben kann. Dies wird beim Honigbetrug oft durch die Zugabe von zusätzlichen Aromastoffen maskiert [5]. Eine frühe Ernte spart Zeit und Kosten, ist aber nicht erlaubt, da der Honig viele seiner positiven Eigenschaften verliert.
Auswirkungen des Honigschummels
Verfälschter Honig hat schwerwiegende Folgen für die Imker, die lokalen Ökosysteme und die Konsumenten. Die Billigeinfuhren treiben den Preis des Honigs nach unten und machen es den Imkern sehr schwer, wirtschaftlich über die Runden zu kommen. Der wahre Wert der Honigbienen liegt jedoch nicht in ihrer Honigproduktion, sondern in ihren Bestäubungsleistungen. Wenn die Imker gezwungen sind, ihr Geschäft aufzugeben, werden auch die Honigbienen in den betroffenen Gebieten verschwinden. Honigbienen spielen eine unschätzbare Rolle in den lokalen Ökosystemen und der Landwirtschaft, und die Auswirkungen der Honigverfälschung können deshalb dramatisch sein.
Schliesslich werden auch die Verbraucher durch Niedrigpreise dazu verleitet, ein Produkt mit Etikettenschwindel zu kaufen. Honig ist eine gesunde Alternative zu raffiniertem Zucker[4], doch durch die Ultrafiltration gehen viele seiner positiven Eigenschaften verloren.
Der meiste Honig ist auch gepanscht sicher zu essen (er verliert einfach seine Gesundheitseffeke), doch es gibt auch Berichte über gefälschten Honig, der mit verbotenen Substanzen kontaminiert wurde, z.B. Chloramphenicol – ein starkes Antibiotikum [6].
Woher kommt der gefälschte Honig?
Berichte zeigen, dass der grösste Teil des verfälschten Honigs aus Asien, genauer gesagt aus China, stammt [7]. Der Honigexport aus diesem Land ist zwischen 2000 und 2014 um 88% gestiegen, bei einer Zunahme der Honigbienenvölker um 21%. Diese Zahl ist schlicht zu gering, um diesen steilen Anstieg der Honigexporte zu erklären.
Aufgrund vieler Berichte über gefälschten Honig aus China haben Regierungen wie die USA die Einfuhr von chinesischem Honig verboten. Dieser kann jedoch leicht umgeleitet werden, da andere Länder als Zwischenhändler fungieren können. Nach dem US-Verbot sind die Honigexporte aus Nachbarländern wie Indonesien, Malaysia und Indien plötzlich stark angestiegen [8].
Warum wird der Honigbetrug nicht aufgedeckt?
Leider sind Honigverfälschungen sehr schwer zu erkennen. Es gibt weltweit nur wenige spezialisierte Labors mit der richtigen Ausrüstung, um Honig zu testen. Wie Prof. Dr. Stephan Schwarzinger, der sich mit der Analyse von Honig beschäftigt, erklärt.
«Es gibt keine einheitliche Methode zur Echtheitsprüfung von Honig – weil es zu viele Möglichkeiten der Verfälschung gibt.» [7]
«Es ist wie die Dopinganalyse im Sport. Dopinglabore wissen nie, ob es ein neues Medikament auf dem Markt gibt. Wenn man die Vielfalt der verfügbaren Sirupe betrachtet, gibt es keine einzige Test-Technologie, die alle abdecken würde. Man muss sich viele chemische und physikalische Parameter anschauen.» [7]
Was man dagegen tun kann
Obwohl Honigbetrug schwer aufzudecken ist, bedeutet dies nicht, dass es keine Massnahmen zur Bekämpfung von Honigverfälschungen gibt. Vor allem auf regulatorischer Ebene können die Regierungen strengere und häufigere Tests von Honig durchsetzen. Auch der Lebensmittel-Einzelhandel spielt eine Rolle, da viel billigere Preise ein starker Indikator für gepanschten Honig sein können – solche Produkte sollten vor dem Verkauf auf ihre Echtheit überprüft werden. Als Konsument der vor Ort Kauf des Honigs der beste Weg, Bienen und Imker zu unterstützen. Auf diese Weise ist man sicher, dass man die Bienenvölker und damit auch ihre Bestäubung in der unmittelbaren Region unterstützt. Je mehr Menschen über den Honigbetrug wissen, desto grösser wird die Sensibilisierung und der Handlungsaufruf an die Regulierungsbehörden.
Literatur
[1] Apimondia. (January, 2020). Apimondia Statement on Honey Fraud – Version 2. Retrieved from: https://www.apimondia.com/docs/apimondia_statement_on_honey_fraud_v_2.pdf
[2] Foote, N. (2020, Feb 17.) Struggling beekeepers undercut by cheap honey imports, says new report. Euractiv. Retrieved from: https://www.euractiv.com/section/agriculture-food/news/struggling-beekeepers-undercut-by-cheap-honey-imports-says-new-report/
[3] Charrière, J. D., Frese, S., & Herren, P. (2018). Bienenhaltung in der Schweiz. Agroscope Transfer, 250, 1-24.
[4] Bogdanov, S., Jurendic, T., Sieber, R. & Gallmann, P. Honey for nutrition and health: a review. American Journal of the College of Nutrition 27, 677-689 (2008).
[5] Bogdanov, S., Martin, P. (2002). Honey authenticity. In Mitteilungen aus Lebensmitteluntersuchung und Hygiene. Vol. 93. Offizielles Organ der Schweizerischen Gesellschaft für Lebensmittel- und Umweltchemie und der Schweizerischen Gesellschaft für Lebensmittelhygiene
[6] Beekings. (2019 April 10). Your Honey is Fake Honey. Retrieved from: https://beekings.com/your-honey-is-fake-honey/
[7] Tamma, P. (2020 January 23). Honeygate: How Europe is being flooded with fake honey. EURACTIV. Retrieved from: https://www.euractiv.com/section/agriculture-food/news/honey-gate-how-europe-is-being-flooded-with-fake-honey/
[8] Olmsted, L. (2016 July 15). Exclusive Book Excerpt: Honey Is World’s Third Most Faked Food. ForbesLife. Retrieved from: https://www.forbes.com/sites/larryolmsted/2016/07/15/exclusive-book-excerpt-honey-is-worlds-third-most-faked-food/#68ff5e894f09