Quasselstrippen: Die Sprache der Bienen

Ein Bienenvolk ist ein komplexer Organismus mit einer Vielzahl von Aufgaben. Um diese optimal erfüllen zu können stehen die Bienen in ständiger Kommunikation miteinander. Ihre Sprache ist vielseitig und besteht aus Tänzen, Düften und Geräuschen. Damit auch Sie den Tratsch und Klatsch aus dem Bienenvolk verstehen, haben wir die Sprache der Bienen für Sie übersetzt.

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Ich bin die Königin

Die Königin demonstriert ihre Präsenz im Volk durch fortlaufende Abgabe der Königinnensubstanz, eines Pheromons bestehend aus 9 Substanzen. Das Pheromon wird vom Hofstaat an die Stockbienen weitergereicht und so im Stock verteilt. Bei Absenz der Königinnensubstanz ziehen die Arbeiterinnen aus jungen Larven Jungköniginnen herbei1-2. Die Königinnensubstanz spielt somit auch eine wichtige Rolle bei der Kontrolle des Schwarmprozesses. Es wird vermutet, dass die Königin in grossen Völkern nicht mehr genug Pheromon produzieren kann um dieses im ganzen Stock zu verteilen. Darauf reagieren die Arbeiterinnen mit dem Bau von Weiselzellen und es kommt schliesslich zur Schwarmbildung2.

Zusätzlich unterdrückt die Königinnensubstanz die Eierstockentwicklung der Arbeiterinnen. In Gegenwart der Königin legen nur 0.01% der Arbeiterinnen Eier, wohingegen der Anteil an eierlegenden Arbeiterinnen in weisellosen Völkern auf bis zu 25% ansteigen kann3.

Bei dir piept‘s wohl

Während des Schwarmprozesses geben die jungen Königinnen zwei verschiedene Piep-Laute von sich: Tüten und Quaken. Nach dem Schlüpfen beginnen Jungköniginnen mit Tüten, noch nicht geschlüpfte Königinnen antworten darauf aus den verschlossenen Zellen mit Quaken. Da Bienenvölker meist eine Vielzahl von Schwarmzellen anziehen, folgt jedem Tüten ein Chor von Quaken. Die Funktion dieser Laute ist noch nicht vollends verstanden. Es konnte allerdings dokumentiert werden, dass das Tüten das Schlüpfen weiterer Königinnen unterdrückt. Ausserdem wird vermutet, dass geschlüpfte Jungköniginnen aufgrund der Quak-Laute einen Eindruck ihrer Konkurrenz erhalten. Bei besonders vitaler Konkurrenz mag es klüger sein den Stock mit einem Nachschwarm zu verlassen anstatt sich den anderen Königinnen im Kampf zu stellen4.

Agriff!

Bei Gefahr für das Volk geben die Arbeiterinnen aus ihrer Stacheldrüse das Alarmpheromon ab. Das Pheromon besteht aus einem komplexen Gemisch aus über 20 Duftstoffen darunter Isopentyacetat, welches auch im Duft von Bananen vertreten ist. Das Alarmpheromon ruft weitere Arbeiterinnen herbei und läutet zum Angriff. Essen Sie ihre Banane also lieber nicht in der Nähe eines Bienenstandes1.

Hierher

Das Nasanov-Pheromon wird beim sogenannten Sterzeln abgegeben und lockt Arbeiterinnen an. Es leitet den Flugbienen den Weg zum Stockeingang, wird aber auch von Sammelbienen abgegeben, um gute Wasser- und Nahrungsquellen zu markieren. Ausserdem spielt es eine zentrale Rolle für den Zusammenhalt von Bienenschwärmen. Das Nasanov-Pheromon besteht aus 7 Substanzen und wird von den Arbeiterbienen beim sogenannten Sterzeln vom dorsalen Teil des Abdomens abgegeben1.

Dort drüben gibt’s was zu holen

Der Schwänzeltanz wird von Sammlerinnen angewandt um ihre Arbeitskolleginnen über eine gute Nahrungsquelle zu informieren. Damit die anderen Bienen wissen wann die Show beginnt, gibt die Tänzerin zu Beginn ihrer Tanzeinlage eine Duftmischung ab. Der Tanz beginnt mit dem Schwänzellauf, bei dem die Tänzerin geradeaus läuft, wobei sie mit dem Hinterleib schwänzelt und mit den Flügeln schlägt. Die Orientierung des Schwänzellaufes zeigt die Richtung der Quelle mit Referenz zur Sonne an. Die Distanz zur Quelle wird durch die Länge des Schwänzellaufes übermittelt und deren Qualität durch die Anzahl Runden, die die Sammlerin dreht (Abbildung 1). Da es im Bienenstock stockdunkel ist, müssen die anderen Bienen den Tanz ertasten. Deswegen folgen sie der Tänzerin in einem 30° Winkel und berühren sie mit ihren Fühlern (Abbildung 1)5-6.

Abbildung 1: Der Schwänzeltanz
Abbildung 1: Der Schwänzeltanz

Tatsächlich gibt es regionale Dialekte beim Schwänzeltanz; je nach Region unterscheiden sich die Distanzangaben des Schwänzellaufes. Diese Dialekte werden als Anpassung an unterschiedliche geographische Gegebenheiten interpretiert. So dürfte es in kleingliedrigen, stark strukturierten Landschaften von Vorteil sein, Distanzen in längeren Schwänzelläufen zu codieren als in grossräumigen mit weiten Flugdistanzen. Denn umso länger die Läufe für bestimmte Distanzen ausfallen, desto genauer ist die Auflösung der Wegbeschreibung. Gleichzeitig steigt aber auch der Zeit- und Energieaufwand der Tänzerin6.
 

Gleich ums Eck gibt’s was zu holen

Liegt eine Nahrungsquelle in unmittelbarer Nähe des Stockes, führen Sammlerinnen den Rundtanz auf. Dabei rennen die Bienen im Kreis und geben hohe Piepstöne von sich. Im Gegensatz zum Schwänzeltanz enthält der Rundtanz kaum Information über den Standort der Nahrungsquelle. Als Reaktion auf den Rundtanz beginnen die anderen Arbeiterinnen die Umgebung des Stockes abzusuchen5-6.

The round dance
The round dance

Mädels an die Flugfront

Der Zittertanz wird von Sammlerinnen verwendet wenn Wartezeiten beim Entladen von Nektar und Pollen entstehen. Dabei gehen die Bienen ziellos auf den Waben umher, zucken mit dem Körper und schlagen mit den Flügeln. Als Reaktion auf den Zittertanz lassen die Stockbienen ihre Arbeit links liegen und rücken zum Entladen an6.

Los geht‘s

Das Vibrationssignal dient im Allgemeinen einer Aktivitätssteigerung des Bienenvolkes. Das Signal besteht aus schnellem dorso-ventralem Vibrieren des Körpers während 1-2 Sekunden und kommt in diversen Situationen zum Einsatz. Unter anderem wird es zur Koordination der Sammel-Aktivitäten des Volkes verwendet (das Sammeln, Entladen und Einlagern der Nahrung durch die Stockbienen sowie die Kommunikation der Nahrungsquellen durch Tänze). Das Vibrationssignal wird vor allem vormittags vermehrt eingesetzt und kann als Weckruf an die Arbeiterinnen verstanden, damit diese ihre Aktivitäten koordiniert aufnehmen.

Des Weiteren kommt dem Vibrationssignal eine wichtige Funktion während des Schwarmprozesses zu. Es wird vermutet, dass es dazu dient die Aufzucht von Jungköniginnen mit dem Abschwärmen der Altkönigin zu koordinieren. So erhält die Altkönigin in den 3-4 Wochen vor dem Schwärmen unzählige Vibrationssignale, die sie davon abhalten Schwarmzellen anzugreifen. Ausserdem bewirkt das Signal, dass die Königin sich stärker bewegt und an Gewicht verliert, wodurch sie auf den Flug vorbereitet wird. Zusätzlich ermöglicht das Vibrationssignal den Arbeiterinnen Einfluss zu nehmen auf die Wahl der neuen Königin. Nach dem Schlupf der Jungköniginnen erhalten diese vermehrt Vibrationen von den Arbeiterinnen. Königinnen, welche das Signal öfters erhalten, eliminieren mehr Rivalinnen und haben eine erhöhte Wahrscheinlichkeit den Thron zu erklimmen7.

Abflug

Tausende von Bienen in einem Schwarm zu koordinieren ist keine leichte Aufgabe! Bienen verwenden zwei Signale um das Verlassen des Stockes anzuzeigen: Sie piepen und führen den Schwirrlauf auf. Das Piepen beginnt bereits über eine Stunde vor dem Abflug und veranlasst die Bienen dazu, ihre Flügelmuskulatur aufzuwärmen. Die Schwirrläufe hingegen beginnen unmittelbar vor dem Verlassen des Stockes und setzen das Zeichen zum Aufbruch8. Dabei rennen die Bienen im Zick-Zack und schlagen mit den Flügeln. Dieselben zwei Signale koordinieren übrigens auch den Abflug des Schwarmes von der Sammelstelle zum neuen Nest9.

Nimm das da weg

Sind Honigbienen von Staub bedeckt, den sie sich nicht selber entfernen können, bitten sie ihre Stockgenossinnen mit dem sogenannten Putztanz um Hilfe. Die Tänzerin schüttelt ihren Hinterleib in einer bestimmten Frequenz hin und her, worauf die anderen Arbeiterinnen herbeieilen und ihr das Fell reinigen. Um ordentlich gekämmt werden zu können, steht die Tänzerin während der Reinigung still und spreizt die Flügel ab10.

Kümmere dich um mich

Bereits im Brutstadium beginnen die Bienen zu kommunizieren. Die Bienenlarven geben das sogenannte Brutpheromon ab – eine Mischung aus 10 Duftstoffen. Seine Zusammensetzung ändert sich mit dem Alter der Larven und gibt den Ammenbienen Auskunft über die Bedürfnisse der Brut. Das Brutpheromon steuert sowohl die Ernährung der Larven (Gelée Royal oder Pollenbrot) als auch die Verdeckelung der Zellen am neunten Tag1-2.

Alles klar?

Wir hoffen unser Sprachkurs hat Ihnen viel Freude bereitet und erleichtert Ihnen die Kommunikation mit Ihren Bienen. Zugegeben, ganz leicht zu verstehen sind sie nicht und ein Grossteil ihrer vielschichtigen Sprache bleibt uns verborgen. Doch manchmal dürfen wir Zeuge werden von Bienentänzen, dem Königinnen-Hupen oder dem Sterzeln. Nur mitreden lassen sie uns leider nie.

Literatur

1 Slessor, K. N., Winston, M. L. & Le Conte, Y. Pheromone communication in the honeybee (Apis mellifera L.). Journal of Chemical Ecology 31, 2731-2745, doi:10.1007/s10886-005-7623-9 (2005).

2 Trhlin, M. & Rajchard, J. Chemical communication in the honeybee (Apis mellifera L.): a review. Veterinarni Medicina 56, 265-273 (2011).

3 Page, R. E. & Erickson, E. H. Reproduction by worker honey bees (Apis mellifera) Behavioral Ecology and Sociobiology 23, 117-126, doi:10.1007/bf00299895 (1988).

4 Drosopoulos, S. & Claridge, M. F. Insect Sounds and Communication: Physiology, Behaviour, Ecology, and Evolution. CRC Press, 421-436.

5 Vonfrisch, K. Orientierungsvermögen und Sprache der Bienen Naturwissenschaften 38, 105-112 (1951).

6 Dyer, F. C. The biology of the dance language. Annual Review of Entomology 47, 917-949, doi:10.1146/annurev.ento.47.091201.145306 (2002).

7 Schneider, S. S. & Lewis, L. A. The vibration signal, modulatory communication and the organization of labor in honey bees, Apis mellifera. Apidologie 35, 117-131, doi:10.1051/apido:2004006 (2004).

8 Rangel, J. & Seeley, T. D. The signals initiating the mass exodus of a honeybee swarm from its nest. Animal Behaviour 76, 1943-1952, doi:10.1016/j.anbehav.2008.09.004 (2008).

9 Rittschof, C. C. & Seeley, T. D. The buzz-run: how honeybees signal ‚Time to go!‘. Animal Behaviour 75, 189-197, doi:10.1016/j.anbehav.2007.04.026 (2008).

10 Land, B. B. & Seeley, T. D. The grooming invitation dance of the honey bee. Ethology 110, 1-10, doi:10.1046/j.1439-0310.2003.00947.x (2004).

Vatorex AG, Anina Knauer 20 August, 2019
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