Wie die Varroamilbe den Bienen schadet

Am liebsten haben wir ja nichts mit ihr zu tun – dennoch betrifft uns ImkerInnen die Zerstörungswut der Varroa destructor unmittelbar. Denn die Varroamilbe gilt als Hauptursache des Bienensterbens [1-2]. Ein guter Grund sich die kleinen Biester mal etwas genauer anzuschauen.

Tückische kleine Biester

Wie die Varroamilbe auf die Europäische Honigbiene kam

Ursache des ganzen Übels war die Einführung der Europäischen Honigbiene in Asien durch den Menschen. Diese ermöglichte einen Wirtswechsel der Varroamilbe von ihrem ursprünglichen Wirt, der asiatischen Honigbiene (Apis cerana), auf die Europäische Honigbiene (Apis mellifera). Ausgehend von Asien breitete sich die Varroamilbe allmählich über die ganze Welt aus. Nur ca. 50 Jahre nach dem Wirtswechsel war die Milbe in den 1970er Jahren in Europa angekommen. Denn in der Europäischen Honigbiene hatte die Milbe einen wesentlich weniger resistenten Wirt gefunden. Durch die fehlende Koevolution mit der Varroamilbe hatte A. mellifera nie die Gelegenheit gehabt spezifische Abwehrmechanismen zu entwickeln. Da sich die Europäische und die Asiatische Honigbiene aber in ihrer Physiologie, Volksorganisation und Kommunikation sehr ähnlich sind, kann die Milbe leider auch auf der Europäischen Honigbiene bestens überleben [3].

Wie die Varroamilbe die Bienen schädigt

Die Varroamilbe ernährt sich vom Fettgewebe* der Bienen und schwächt sie so direkt. Parasitierte Larven entwickeln sich zu wesentlich kleineren Bienen, haben einen geringeren Proteingehalt in der Hämolymphe und eine stark reduzierte Lebenserwartung [4-5]. Betroffene Bienen legen als Sammlerinnen reduzierte Flugdistanzen zurück und zeigen eine verminderte Sammelleistung [6-7]. Zusätzlich verändert die Varroamilbe den Geruch der parasitierten Bienen. Dadurch sind diese für die anderen Arbeiterinnen schwer als volkszugehörig erkennbar und werden öfters Opfer von aggressivem Verhalten, welches gar zur Vertreibung aus dem eigenen Stock führen kann [3].

Als würden diese direkten Effekte nicht ausreichen, begünstigt die Milbe diverse andere negative Einflussfaktoren. Da die betroffenen Bienen eine geringere Körpergrösse aufweisen, sind sie weniger resistent gegen Pestizide und andere chemische Belastungen [2]. Ausserdem unterdrückt die Varroamilbe das Immunsystem der Bienen [8] und überträgt diverse Viren, darunter die beiden stark pathogenen Viren Deformed Wing Virus und Acute Bee Paralysis Virus. Der Deformed Wing Virus kann sich ausserdem sogar in der Milbe vervielfachen (replizieren), weswegen mit der Parasitierung durch die Varroamilbe der Virendruck stark zunehmen kann [9-11]. Die Interaktion zwischen der Milbe und den Viren gilt als der Hauptgrund für die erhöhte Schädigung parasitierter Bienen im Vergleich zu früher. Ohne Viren kann ein Bienenvolk mit 15000 Milben den Winter überleben, ist es allerdings mit Viren infiziert reichen bereits 2000 Milben um ein Volk eingehen zu lassen [12] (Abbildung 1).

Abbildung 1: Direkte und indirekte negative Effekte der Varroamilbe auf die Honigbiene. Die Varroamilbe schädigt die Bienen direkt und hemmt ihre Sammelleistung. Zusätzlich begünstigt sie die schädliche Wirkung der Pestizide und Viren.
Abbildung 1: Direkte und indirekte negative Effekte der Varroamilbe auf die Honigbiene. Die Varroamilbe schädigt die Bienen direkt und hemmt ihre Sammelleistung. Zusätzlich begünstigt sie die schädliche Wirkung der Pestizide und Viren.

Wie sich die Varroamilbe im Bienenvolk fortpflanzt

Die Fortpflanzung der Varroamilbe ist exakt auf das Brutpflegeverhalten und die Larvenentwicklung der Honigbiene abgestimmt. Ihr Lebenszyklus beginnt mit der Invasion einer Brutzelle, wo die Reproduktion der Milbe stattfindet. Auf einer Ammenbiene lässt sich die sogenannte Muttermilbe zu einer Brutzelle tragen, die sich kurz vor der Verdeckelung befindet. Dort ernährt sie sich von der heranreifenden Larve und legt Eier aus denen sich zuerst ein Männchen und anschliessend einige Weibchen entwickeln. Der Nachwuchs pflanzt sich untereinander fort und sobald die Biene aus der Zelle schlüpft, verlassen die Muttermilbe und ihre begatteten Töchter mit ihr die Zelle. Sie parasitieren erneut Ammenbienen und der Fortpflanzungszyklus beginnt von vorne. Das Männchen hingegen kann ausserhalb der Brutzelle nicht überleben und stirbt [13] (Abbildung 2).

Life cycle of the Varroa destructor
Abbildung 2: Lebenszyklus der Varroa destructor

Um derart perfekt auf die Lebensweise der Bienen angepasst zu sein, „belauscht“ die Varroamilbe die Kommunikation der Bienen. Sie erkennt diverse Duftstoffe, welche für die Organisation des Bienenvolkes unabdingbar sind. So geben die Bienenlarven ab dem achten Entwicklungstag eine Duftmischung ab, welche die Ammenbienen dazu veranlasst die Brutzelle zu verdeckeln. Am selben Duft erkennen auch die Muttermilben zur Fortpflanzung geeignete Brutzellen [14-15].

In ähnlicher Weise werden auch die Ammenbienen an ihrem Duft erkannt und können somit gezielt parasitiert werden [16]. Gleichzeitig vermögen die Milben den spezifischen Duft des von ihnen parasitierten Volkes zu imitieren. Dadurch bleiben sie den Honigbienen verborgen und sind optimal vor deren Verteidigung geschützt [17-18]. Dennoch können sich die Bienen teilweise gegenseitig die Varroamilben entfernen und manche Ammenbienen zeigen Varroa-spezifisches Hygieneverhalten und entfernen Varroa-infizierte Brut [19-20]. Leider tritt dieses Verhalten viel zu selten auf um ernsthaft gegen die Milben anzukommen. Deswegen sind die Honigbienen nachwievor auf unsere Unterstützung angewiesen!

Lesen Sie mehr zum Thema Varroabekämpfung in unserer nächsten Ausgabe.

*Im Januar 2019 wurde eine bahnbrechende Studie veröffentlicht. Jahrzehntelang glaubten Forscher, dass sich die Varroa von Hämolymphe (Bienenblut) ernährte. Diese Studie belegte, dass Varroa tatsächlich Fettkörpergewebe der Bienen frass. Mehr über diese Studie und ihre Auswirkungen erfährst du
hier.

Literatur

1 Cornman, R. S. et al. Pathogen Webs in Collapsing Honey Bee Colonies. Plos One 7, doi:e4356210.1371/journal.pone.0043562 (2012).

2 Le Conte, Y., Ellis, M. & Ritter, W. Varroa mites and honey bee health: can Varroa explain part of the colony losses? Apidologie 41, 353-363, doi:10.1051/apido/2010017 (2010).

3 Nazzi, F. & Le Conte, Y. in Annual Review of Entomology, Vol 61 Vol. 61 Annual Review of Entomology (ed M. R. Berenbaum) 417-432 (2016).

4 De Jong, D., De Jong, P. H. & Gonçalves, L. S. Weight Loss and Other Damage to Developing Worker Honeybees from Infestation with Varroa Jacobsoni. Journal of Apicultural Research 21, 165-167 (1981).

5 Amdam, G. V., Hartfelder, K., Norberg, K., Hagen, A. & Omholt, S. W. Altered physiology in worker honey bees (Hymenoptera : Apidae) infested with the mite Varroa destructor (Acari : Varroidae): A factor in colony loss during overwintering? Journal of Economic Entomology 97, 741-747, doi:10.1603/0022-0493(2004)097[0741:apiwhb]2.0.co;2 (2004).

6 Blanken, L. J., van Langevelde, F. & van Dooremalen, C. Interaction between Varroa destructor and imidacloprid reduces flight capacity of honeybees. Proceedings of the Royal Society B-Biological Sciences 282, doi:2015173810.1098/rspb.2015.1738 (2015).

7 Kralj, J. & Fuchs, S. Parasitic Varroa destructor mites influence flight duration and homing ability of infested Apis mellifera foragers. Apidologie 37, 577-587, doi:10.1051/apido:2006040 (2006).

8 Yang, X. L. & Cox-Foster, D. L. Impact of an ectoparasite on the immunity and pathology of an invertebrate: Evidence for host immunosuppression and viral amplification. Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America 102, 7470-7475, doi:10.1073/pnas.0501860102 (2005).

9 Gisder, S., Aumeier, P. & Genersch, E. Deformed wing virus: replication and viral load in mites (Varroa destructor). Journal of General Virology 90, 463-467, doi:10.1099/vir.0.005579-0 (2009).

10 Bowen-Walker, P. L., Martin, S. J. & Gunn, A. The transmission of deformed wing virus between honeybees (Apis mellifera L.) by the ectoparasitic mite Varroa jacobsoni Oud. Journal of Invertebrate Pathology 73, 101-106, doi:10.1006/jipa.1998.4807 (1999).

11 Shen, M. Q., Yang, X. L., Cox-Foster, D. & Cui, L. W. The role of varroa mites in infections of Kashmir bee virus (KBV) and deformed wing virus (DWV) in honey bees. Virology 342, 141-149, doi:10.1016/j.virol.2005.07.012 (2005).

12 Carreck, N. L., Bell, B. V. & Martin, S. J. Honey bee colony collapse and changes in viral prevalence associated with Varroa destructor. Journal of Apicultural Research 49, 93-94, doi:10.3896/ibra.1.49.1.13 (2010).

13 Rosenkranz, P., Aumeier, P. & Ziegelmann, B. Biology and control of Varroa destructor. Journal of Invertebrate Pathology 103, S96-S119, doi:10.1016/j.jip.2009.07.016 (2010).

14 Trouiller, J., Arnold, G., Chappe, B., Le Conte, Y. & Masson, C. Semiochemical basis of infestation of honey-bee brood by varroa jacobsoni Journal of Chemical Ecology 18, 2041-2053, doi:10.1007/bf00981926 (1992).

15 Rickli, M., Guerin, P. M. & Diehl, P. A. Palmitic acid released from honeybee worker larvae attracts the parasitic mite Varroa jacobsoni on a servosphere. Naturwissenschaften 79, 320-322, doi:10.1007/bf01138711 (1992).

16 Pernal, S. F. et al. Semiochemicals influencing the host-finding behaviour of Varroa destructor. Experimental and Applied Acarology 37, 1-26, doi:10.1007/s10493-005-1117-x (2005).

17 Kather, R., Drijfhout, F. P. & Martin, S. J. Evidence for colony-specific differences in chemical mimicry in the parasitic mite Varroa destructor. Chemoecology 25, 215-222, doi:10.1007/s00049-015-0191-8 (2015).

18 Kather, R., Drijfhout, F. P., Shemilt, S. & Martin, S. J. Evidence for Passive Chemical Camouflage in the Parasitic Mite Varroa destructor. Journal of Chemical Ecology 41, 178-186, doi:10.1007/s10886-015-0548-z (2015).

19 Boecking, O. & Spivak, M. Behavioral defenses of honey bees against Varroa jacobsoni Oud. Apidologie 30, 141-158, doi:10.1051/apido:19990205 (1999).

20 Spivak, M. Honey bee hygienic behavior and defense against Varroa jacobsoni. Apidologie 27, 245-260, doi:10.1051/apido:19960407 (1996).

Vatorex AG, Anina Knauer 13 August, 2019
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