Eine Anleitung für die Auffütterung
Weshalb, wann, was & wie

Bienen sind unglaubliche Geschöpfe, die auf der Suche nach Nahrung bis zu 13 km vom Bienenstock entfernt fliegen können. Ihr Hauptmenü besteht aus Nektar und Pollen. Wenn diese Optionen knapp oder nicht verfügbar sind, muss der Imker eingreifen und sie vor dem Hunger retten. Wie, wann und mit welchem Futter sie gefüttert werden sollen, hängt sehr stark von dem jeweiligen Klima und der Flora ab, in der die Bienen gehalten werden, aber es gibt einige allgemeine Regeln, die zu befolgen sind.

Wir setzten uns mit unserem erfahrenen Imker Willi zusammen, um mehr über die Bienenfütterung zu erfahren. 

Weshalb du deine Bienen füttern solltest 

Honigbienen lagern den Honig als Nahrung im Bienenstock und greifen dann auf ihren Vorrat zurück, wenn keine anderen Nahrungsquellen zur Verfügung stehen. Eine ausgewogene Bienennahrung besteht aus Proteinen und Kohlenhydraten, die die Bienen aus Nektar, Pollen und Honig gewinnen. Wenn jedoch keine Blüten mehr zu sammeln sind und kein Honig mehr im Bienenstock vorhanden ist, ist die Fütterung die einzige Möglichkeit, das Überleben der Bienen zu sichern.
 

Die Fütterung sollte jedoch nur dann erfolgen, wenn ein offensichtlicher Bedarf dafür besteht. Laut Willi birgt die Fütterung in der falschen Jahreszeit das Potenzial von Missmanagement und kann Schädlinge und Raubtiere anziehen oder zu Schwärmen und Räuberei führen. Sogar in der Literatur verglich der berühmte L.L. Langstroth die Bienenfütterung mit den «schädlichen Einflüssen, unter denen zu viele der Kinder der Reichen so tödlich aufgezogen werden». 

Obwohl die Fütterung in der Imkergemeinschaft eine gängige Praxis ist, ist sie eher eine Absicherung. Sie sollte nicht die Regel, sondern die Ausnahme sein. 

Wann soll ich meine Bienen füttern?

«Das beste Szenario für die Bienen ist, dass sie kein menschliches Eingreifen benötigen und sich selbst versorgen können.»

Willi Brunner

Genug Pollen, Honig und Wasser bedeuten gesunde, sich selbst versorgende Bienen. Obwohl Wasser im Allgemeinen das ganze Jahr über zur Verfügung steht, ist die Pollen- und Honigproduktion stark auf die Blütezeit beschränkt. Da die Regionen unterschiedliche Klimabedingungen haben, muss die Fütterung an die Region angepasst werden, in der sich deine Bienen befinden.

Startzeitpunkt: 

«Mein zentrales Prinzip ist es, erst dann zu füttern, wenn man die Honigernte abgeschlossen hat, und dann ausreichend zu füttern.»

Willi Brunner

Die Fütterung findet einmal wöchentlich über einen Zeitraum von 4 Wochen statt. Für ein Europäisches Klima ist dieser Zeitraum von Ende August bis Ende September. Die Fütterung über diesen Zeitraum sorgt für einen ausreichenden Wintervorrat, der das Überleben der Bienen bis zum Frühjahr sichert.

Vor der Fütterung musst du eine Inspektion durchführen und die Honigreserven im Bienenstock überprüfen. Aufgrund der Inspektion kannst du entscheiden, ob du mit der Fütterung fortfahren sollst und wie viel du zugeben musst. Ein normaler Bienenstock benötigt zwischen 15 und 20 kg Futter. Bedenke jedoch, dass in der Brutabteilung immer 3-5 kg Futter vorhanden sind, also füge das Futter entsprechend hinzu. Eine gute Regel ist, dass die Vorratsmenge nie unter 5 kg fallen darf. 

Stopzeitpunkt:

Jedes Bienenvolk hat spezifische Bedürfnisse. Denke daran, dass Bienen in einer Nacht 4-5 Liter flüssiges Futter in ihre Waben transportieren können. Führe eine Inspektion der Bienenstöcke durch und lege die für jeden einzelnen Bienenstock benötigte Menge fest. Untersuche deine Bienenstöcke nach der Fütterung, um zu überprüfen, ob deine Schätzungen korrekt waren. Wenn die Bienen Futterreste haben oder es mehr als 2 Tage dauert, bis sie das Futter abtransportiert haben, bedeutet dies, dass der Bienenstock nicht mehr gefüttert werden muss.

«Bienen sagen dir, wenn sie genug haben. Du musst ihnen nur zuhören.»

Willi Brunner

Ausnahmen: 

Es gibt auch andere Perioden, die eine Fütterung notwendig machen.

  • Wenn du einen neuen Schwarm fängst: Willi rät, den Schwarm mit 2x2 Liter Flüssigfutter zu füttern, damit schnell Waben aufgebaut werden können. Der Nachteil ist, dass man 2 Monate warten muss, um dem Volk einen Honigaufsatz geben zu können. Ein normaler Schwarm kann auch ohne Futter laufen, sollte aber sofort in einen Beute gebracht werden.
  • Bei einer Trachtlücke (normalerweise Mitte Juni in Mitteleuropa): Willi rät, kein Flüssigfutter zu verwenden, sondern ein Futter, das von den Bienen bereits verarbeitet wurde, wie Honig, Pollen oder künstlichen Ersatz.
  • Notfütterung (Mitte/Ende Juni in Mitteleuropa): Dies kann bei grossen Bienenstöcken passieren, die die dreifache Menge an Futter benötigen (bis zu 9 kg).  Anzeichen für eine Notfütterung sind: leichte Waben, kein Futter in den Bienenstöcken und aggressive Bienen.
Ein Imker füttert seinen Bienen Honig.
Ein Imker füttert seinen Bienen Honig.

 Welches Futter soll man nehmen?

Zuckersirup oder Futter auf Honigbasis ist der Ersatz für die in der Natur vorkommenden Nährstoffe und ist das am häufigsten in der Bienenzucht verwendete künstliche Futtermittel. Du kannst deine Bienen natürlich nicht fragen, was sie für heute Abend auf dem Speiseplan wünschen, aber du kannst Willi's Formeln folgen, um ein köstliches Abendessen für deine Bienen zu kreieren:

Willi’s Flüssigfutter Formel: 3:2 Zuckerwasser-Mischung, bestehend aus 1.5 kg Zucker und 1 Liter heissem Wasser. Gut umrühren, bis sich alles aufgelöst hat. Dadurch entsteht etwas, das die Imker Melasse nennen. 

Willi’s Festfutter Formel: 1:1 Mischung aus Honig und Puderzucker. Der Vorteil dieses Futters besteht darin, dass es von den Bienen langsam aufgenommen wird, was zu einer verlängerten Futteraufnahme auch für die Königin führt. Die Bienen bauen daher ein grösseres Brutnest, da sie den Eindruck haben, dass eine zweite Honigsaison bevorsteht. Das Brutnest ist somit künstlich vergrössert.

Andere Formen natürlicher Nahrung: Eine gängige Praxis in der Bienenzucht ist die Verfütterung von Honig und Pollen. Wenn ein Bienenstock zu viel Pollen hat, kannst du diesen an einen anderen Bienenstock abgeben. Du kannst auch Honig aus eigener Produktion verwenden, aber niemals einen gekauften Honig, da er verschiedene Arten von Bakterien oder chemischen Zusätzen enthalten kann. 

Künstliche Zusätze: Eine im Laden gekaufte Mischung von bereits prozessiertem Invertzucker, genannt Api-Invert. Der Vorteil dieser Art von Futter ist, dass es die Arbeit der Bienen erleichtert. Sie brauchen die Saccharose nicht in Fruktose umzuwandeln, wie dies bei dem selbstgemachten Zuckerwasser (Melasse) der Fall ist.

Eine Sache, die man bedenken sollte, ist, dass die Herstellung des Futters zu Hause zeitaufwendig ist. Deshalb kann der Kauf von künstlichem Futter gut funktionieren, wenn du wenige Bienenstöcke hast. Eine andere Sache ist, dass du einen Lagerraum für den gesamten Zucker und die Ausrüstung zur Aufbereitung des Futters benötigst, wenn du dein eigenes Futter mischen willst.

Willi’s Tipp:

«Ich würde sagen, dass die beste Art und Weise für die Auswahl des Futters davon abhängt, wie viele Bienenstöcke du bewirtschaftest. Auch die Art des Futters und der Futtergebende kann einen Unterschied in der Zeit ausmachen, die du für die Herstellung des Futters aufwenden musst. Beispielsweise benötigt ein Hängefutterautomat 1:1 Honig und Puderzucker, und das dauert ca. 30 Minuten, um 5 Liter herzustellen, im Vergleich zu einer Zucker-Wasser-Kombination, die dir bis zu 90 Liter in 30 Minuten liefert.»

Willi Brunner

Wie man die Bienen füttern sollte

Futterinstrumente sind für jeden Imker von entscheidender Bedeutung. Es gibt viele Arten von Fütterungsgeräten auf dem Markt, und jedes hat seine Vor- und Nachteile. Man kann mit Sicherheit sagen, dass jeder Imker seine bevorzugte Fütterungsart hat. Dies sind einige der beliebtesten Instrumente:

  • Hinterbehandlungs Futtergeschirr: ein Behälter, der an der Hinterseite des Bienenstocks eingesetzt wird. Ein Teil des Behälters befindet sich ausserhalb des Wabenraumes, so dass man leicht nachfüllen und sehen kann, wie viel Futter verbraucht wird. Die Unterseite der Futterkiste ist nicht für alle Arten von Bienenkästen geeignet und kann zu Räuberei führen, da das Geschirr eine Öffnung nach aussen hat.
  • Futtertasche: ein vertikaler Einsatz, der wie eine Wabe aussieht, wird in den Bienenstock eingesetzt. Der Vorteil dieser Zuführung ist, dass sie für die Bienen zugänglich ist, nicht den Witterungsbedingungen ausgesetzt ist und das Räubereirisiko reduziert.
  • Futtertrog oben aufgesetzt: diese Futtergeräte können sowohl intern als auch extern sein. Die inneren Futtergefässe werden direkt auf die Brut gelegt, während die äusseren auf den Bienenstock (durch ein Loch im Deckbrett) gelegt werden. Die inneren sind sicherer vor potentieller Räuberei, leicht zu füllen und haben eine grosse Kapazität. Die äusseren Futterbehälter werden meist in der kommerziellen Bienenzucht verwendet und sind recht schwer, können aber eine grosse Futtermenge aufnehmen.

Bei so vielen verfügbaren Optionen kannst du verschiedene Gerätschaften ausprobieren und diejenigen finden, die am besten zu deiner Imkertechnik passen. Du solltest jedoch daran denken, die Futterbehälter zu entfernen, wenn du sie nicht mehr benutzt.

Willi's extra Tipp:

  • Vermeide wenn möglich künstliches Futter.
  • Bienen betreiben Räuberei bei anderen Völkern - deshalb solltest du alle Völker eines Standortes gleichzeitig füttern.
  • Auch wenn dein Volk noch Futter hat, füge trotzdem ein bisschen hinzu.
  • Vermeide eine offene Futterstelle. Dies zieht Bienen von anderen Völkern und Standorten an und trägt zu einer Verbreitung von Krankheiten und Parasiten bei.
  • Füttere am Abend, da die Bienen über Nacht nicht ausfliegen. Sie nutzen die Stunden bis zur Morgendämmerung, um das Futter in die Zellen zu transportieren, wo sie besser vor Räuberei geschützt sind.
  • Verkleinere den Stockeingang vor der Fütterung, um dem Eindringen von Wespen entgegenzuwirken.
  • Kontrolliere den Honig- und Futtervorrat bei jeder Inspektion, in den Honigwaben wie auch im Futtergeschirr.
  • Nach einer Notfütterung, warte mindestens einen Monat für die nächste Honigernte. Eine kürzliche Fütterung beeinflusst die Honigqualität negativ.

Zusammenfassung

Denke daran, dass die Fütterung eine zusätzliche, aber manchmal notwendige Lösung ist. Selbst bei Nachteilen wie dem Anlocken von Fressfeinden, dem potenziellen Ertrinken der Bienen und der Räuberei ist es wichtig, das Überleben der Bienen zu sichern, insbesondere in den kalten Monaten. Wenn die Fütterung richtig durchgeführt wird, schafft sie einen Mehrwert für deine Bienenzucht. Nutzen deshalb unseren Leitfaden, um deine Imkerpraxis zu verbessern.

Referenz

Langstroth, L. L. (Lorenzo Lorraine), 1810-1895. (1922). Langstroth on the hive & honey bee. Hamilton, Ill. :The American bee journal, p.318


Vatorex AG, Ramona Szilveszter 23 Oktober, 2020
teile diesen Artikel
6 Imkerei-Apps im Vergleich
The ultimate guide to beekeeping apps