Vor- und Nachteile verschiedener Bienenrassen

Genau wie alle Lebewesen werden Bienen sowohl von ihrer Genetik als auch von ihrer Umwelt beeinflusst. Es gibt viele verschiedene Arten von Honigbienen, jede mit ihren eigenen spezifischen Merkmalen und Eigenschaften. Einige sind besser für kältere Klimazonen geeignet, während andere mehr Resistenz gegen bestimmte Krankheiten zeigen. Dieser Artikel erklärt die Unterschiede zwischen den wichtigsten Honigbienenrassen und warum sie von Bedeutung sind.

Es gibt keine «beste» Honigbienenrasse, da sich jede Bienenart an die Bedingungen einer bestimmten Region angepasst hat oder für einen speziellen Zweck gezüchtet wurde. Die Auswahl einer Honigbienenrasse hängt von den örtlichen Bedingungen und den eigenen Vorlieben ab. In diesem Artikel geben wir einen Überblick über die häufigsten Bienenrassen und erörtern, inwiefern die Zucht eine Rolle spielt.

Rasse, Gattung oder Unterart der Honigbiene?

Die «Westliche Honigbiene» (Apis mellifera) kommt auf allen Kontinenten (ausser in der Antarktis) vor und ist die hauptsächlich von Imkern gehaltene Honigbienenart. Die Westliche Honigbiene ist eine von 11 Honigbienenarten mit vielen verschiedenen Unterarten [1]. Wenn normalerweise jemand von einer «Rasse» oder «Gattung» der Honigbiene spricht, dann meint man normalerweise damit eine Unterart der westlichen Honigbiene. Der Einfachheit halber halten wir uns in diesem Artikel an den Begriff «Rasse». Es gibt auch Unterarten, welche aus der Verpaarung verschiedener Unterarten entstanden sind. Diese werden «Hybriden» genannt.

Die Zucht der perfekten Honigbiene

Merkmale und Charakteristika von Honigbienen können durch ein Zuchtprogramm verbessert werden. Diese Programme zielen darauf ab, Merkmale wie Populationsdynamik, Sanftheit, Schwarmtrieb, Krankheitsresistenz und Produktivität zu beeinflussen.

In einer kontrollierten Umgebung konnten die Züchter einige wirklich besondere Bienen hervorbringen. Sie sind sanft, produktiv und vor allem resistent gegen Schädlinge wie Varroa. Diese verblüffenden Ergebnisse werden jedoch in Gebieten erzielt, in denen der Paarungsprozess kontrolliert werden kann, wie z.B. in einem Labor oder an einem abgelegenen Ort wie einer Insel oder am Ende eines Tals. Wenn diese Bienen die kontrollierte Umgebung verlassen, vermischen sie sich mit unterschiedlichen anderen Bienen, und die sorgfältig ausgewählten Merkmale verschwinden schnell. Die Nachkommen einer «reinrassigen» Königin paaren sich mit bis zu 20 verschiedenen Drohnen, und diese Drohnen können grosse Distanzen zurücklegen, was zu einer raschen Vermischung führt.

Sind die Unterschiede zwischen den Honigbienenrassen von Bedeutung?

Nur spezielle Zuchtverbände sind in der Lage, ihre Bienen «reinrassig» zu halten und haben spezielle Begattungsstationen eingerichtet, die auf die Kontrolle des Paarungsvorgangs abzielen. Die meisten Bienenvölker sind also eine Mischung aus verschiedenen Rassen, was völlig normal ist. Das Verständnis der unterschiedlichen Eigenschaften der verschiedenen Rassen kann einem jedoch wertvolle Einblicke in das Verhalten eines Bienenvolkes geben. Zum Beispiel legen die Karnischen Bienen (Carnica) im Frühjahr schnell an Biomasse zu. Ein Volk kaukasischer Bienen neigt hingegen dazu, im Sommer seinen Höhepunkt zu erreichen. Da die Vegetation zu unterschiedlichen Zeiten blüht, sind einige Honigbienen für ein bestimmtes Gebiet besser geeignet als andere.

Die wichtigsten Honigbienenrassen

Die häufigsten Honigbienenrassen sind die Kärtner Bienen (auch Carnica genannt), die deutsche (Mellifera), die kaukasische und die italienische (Ligustica) Honigbiene. Beliebte Hybriden sind die Buckfast- und die russische Biene.

Carnica (Apis mellifera carnica)

Die Kärntner Bienen stammen aus Ost- und Mitteleuropa. Wegen ihres etwas dunklen Unterleibs und der gräulichen Haare werden sie manchmal auch als «graue Biene» bezeichnet. Aufgrund des hügeligen Geländes in ihrer Heimat ist sie etwas isoliert und es gibt viele Variationen dieser Rasse. Dennoch sind Carnica-Bienen als eine sehr sanfte und produktive Rasse bekannt, die auch kalte Winter gut überstehen kann. Andere Rassen bevorzugen normalerweise mildes und trockenes Wetter, während diese Bienen auch an kälteren und nassen Tagen nach Futter suchen. In Zeiten der Nahrungsknappheit stellen sie die Brutaufzucht ein, um die Menge an Nahrung zu begrenzen, die für den Erhalt des Volkes notwendig ist. Dadurch sind Carnica-Bienen gut geeignet, mit Zeiten der Nahrungsknappheit umzugehen. Auf der anderen Seite haben Kärntner Bienen eine starke Neigung zum Schwärmen.

Carnica-Bienen haben typischerweise gräuliche Haare und einen dunklen Bauch.<br>
Carnica-Bienen haben typischerweise gräuliche Haare und einen dunklen Bauch.<br>

Dunkle Europäische Biene (Apis mellifera mellifera)

Diese Rasse trägt umgangssprachliche Namen wie, «Dunkle Europäische Bienen», «Landrasse» oder «Schwarze Bienen», wegen ihres typischen dunklen Hinterleibs. Ursprünglich stammt diese Rasse aus Nordeuropa und sie sind in der Regel grösser als die meisten anderen Honigbienenrassen. Die meisten Imkerinnen und Imker haben Vorbehalte gegen diese Rasse wegen ihrer Anfälligkeit für Krankheiten und ihres Abwehrverhaltens. Reine mellifera-Bienenvölker sind heutzutage schwer zu finden, doch einige Zuchtverbände streben den Erhalt dieser Rasse an. Sie sind an kaltes Klima gewöhnt und überwintern sehr gut, da sie ihre Wintertraube sehr kompakt halten, was zu tieferen Wärmeverlusten führt.

Kaukasische Biene (Apis mellifera caucasia)

Diese aus den Tälern des Zentralkaukasus stammenden Bienen werden oft mit den Kärntner Bienen verglichen. Beide Rassen sind sich in ihrer Sanftheit und Produktivität ähnlich. Im Gegensatz zu anderen Rassen erreicht ihr Bestand im Hochsommer seinen Höhepunkt, weshalb sie sich für Gebiete mit einer um diese Zeit blühenden Vegetation eignen. Kaukasische Bienen besitzen auch einen langen Rüssel (Zunge), der es ihnen ermöglicht, an den Nektar aus den tiefen Blüten zu gelangen, was sie zu ausgezeichneten Bestäubern macht. Sie neigen jedoch zur Räuberei und zum Verflug, was die schnelle Verbreitung von Krankheiten zwischen den Völkern beschleunigt.

Eine dunkle Biene der Rasse Apis mellifera mellifera.
Eine dunkle Biene der Rasse Apis mellifera mellifera. 

Italienische Biene (Apis mellifera ligustica)

Wie der Name schon sagt, hat diese Rasse ihren Ursprung auf der italienischen Halbinsel. Man erkennt diese Bienen an den deutlichen hellgelben und braunen Streifen auf dem Bauch. Obwohl sie aus Italien stammen, sind sie bei den Imkern auf der ganzen Welt recht beliebt und auch in Nordamerika die häufigste Honigbienenrasse.

Italienische Bienen bauen ihre Population im Frühjahr relativ schnell auf, was sie für die Bestäubung von Gebieten mit Frühlingsblüten hervorragend geeignet macht. Sie sind als ausgezeichnete Honigproduzenten bekannt und zeigen ein hohes Mass an Hygieneverhalten. Dies macht sie widerstandsfähiger gegen Krankheiten, da sie befallene Brut schnell entfernen. Andererseits sind sie berühmte Räuber und besuchen in Zeiten der Nahrungsknappheit andere Bienenstöcke relativ skrupellos. Diese Interaktion mit anderen Bienenvölkern trägt wesentlich zur Verbreitung von Schädlingen und Krankheiten bei und wirkt sich negativ auf ihre Krankheitsresistenz aus. Diese Bienen sind an ein warmes Klima gewöhnt und bilden im Vergleich zu anderen Rassen keine so enge Wintertraube, daher brauchen sie mehr Nahrung, um den Winter zu überleben.

Italienische Bienen haben ein klar erkennbares gelb-braunes Muster
Italienische Bienen haben ein klar erkennbares gelb-braunes Muster 

Hybride

Russische Bienen

Dieser Hybrid stammt aus Primorsky, einer Region im fernen Osten Russlands. Hier gibt es seit langer Zeit Varroa- und Trachealmilben, was bedeutet, dass diese Bienen von Natur aus besser an die Bekämpfung dieser Schädlinge angepasst sind. Das hört sich zwar gut an, aber diese Bienen haben auch einige Nachteile und werden von den Imkern kaum genutzt. Sie haben eine hohe Schwarmneigung und sind defensiver. Zuchtprogramme zielen darauf ab, diese negativen Auswirkungen zu verringern und gleichzeitig ihre hervorragenden Eigenschaften der Krankheitsresistenz zu erhalten. Dies ist keine leichte Aufgabe, und oft nimmt die Krankheitsresistenz ab, wenn sich russische Königinnen mit Drohnen anderer Rassen paaren [2].

Buckfast Bienen

Die Buckfast-Bienen sind das Ergebnis eines langen Zuchtprozesses von Bruder Adam aus der Abtei Buckfast in England. Bruder Adam war ein deutscher Mönch und Imker. Während seines Lebens in Buckfast Abbey richtete eine Trachealmilbe zu Beginn des 20. Jahrhunderts in den britischen Bienenvölkern grosse Schäden an. Um eine gegen diesen Schädling resistente Art zu züchten, reiste Bruder Adam um die Welt und sprach mit zahlreichen Imkern und sammelte viele verschiedene Arten, um eine neue resistente Biene zu züchten. Die Buckfast-Biene ist gegen Trachealmilben resistent, hat aber auch viele andere positive Eigenschaften. Sie sind bekannt dafür, dass sie sehr sanftmütig sind und gut Honig produzieren und gut mit dem kalten Klima zurechtkommen, welches manchmal auf den britischen Inseln herrscht.

Die meisten Honigbienenvölker sind eine Mischung aus verschiedenen Rassen und Hybriden. Das bedeutet, dass sich die Merkmale jedes Volkes von ihren reinrassigen Vorfahren unterscheiden können.
 Die meisten Honigbienenvölker sind eine Mischung aus verschiedenen Rassen und Hybriden. Das bedeutet, dass sich die Merkmale jedes Volkes von ihren reinrassigen Vorfahren unterscheiden können.

Zusammenfassung

Die meisten Bienenvölker sind eine Mischung aus verschiedenen Rassen und Hybriden, was bedeutet, dass sich ihre Merkmale und Charakteristika (in unterschiedlichem Masse) von ihren reinrassigen Vorfahren unterscheiden. Dennoch kann das Wissen um diese Unterschiede zum Verständnis des Verhaltens der Bienen beitragen. Ausserdem kann es nie schaden, mit Imkern in der Nähe über die Bienen zu sprechen, die sie benutzen, da sich deine Königinnen wahrscheinlich mit Drohnen aus nahe gelegenen Bienenstöcken paaren werden. Wenn zum Beispiel viele Imker in der Nähe Carnica-Bienen verwenden, kann es sehr gut möglich sein, dass deine nächste Generation eher schwärmt, aber auch sanftmütiger wird.

Literatur 

[1] Crane, E. (2009). Apis Species:(Honey Bees). In Encyclopedia of Insects (pp. 31-32). Academic Press.

[2] Tarpy, D., Lee, J. (2016). Comparison of Russian and Italian Honey Bees. North Carolina State University Apiculture Program. Retrieved from: https://content.ces.ncsu.edu/comparison-of-russian-and-italian-honey-bees

Vatorex AG, Felix Poelsma 29 Januar, 2020
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Honigbetrug und der Einfluss auf die Imkerei